In einem Beschluss vom August 2011 verpflichtete das Sozialgericht Stuttgart die Techniker Krankenkasse im Wege der einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Gewährung von regionaler Tiefenhyperthermie.
Der von der Sozietät vertretene Versicherte litt an einer bösartigen Tumorerkrankung in Form eines so genannten Liposarkoms. Trotz mehrfacher operativer Entfernung traten jeweils Rezidive auf; auch eine stadiengerechte zytostatische Behandlung konnte nur noch aus palliativen Gesichtspunkten vorgenommen werden. Der Mandant unterzog sich daraufhin zur Verbesserung der Lebensqualität, zur besseren Tumorkontrolle und zur Schmerzreduktion einer unterstützenden hyperthermischen Behandlung in Form einer regionalen Tiefenhyperthermie.
Nachdem die Techniker Krankenkasse die Übernahme der Kosten für die Hyperthermie verweigerte, gab das SozG Stuttgart unter dem 02. August 2011 dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung statt.
Das Gericht folgte dabei im Wesentlichen der Argumentation von Dr. Breitkreutz, dass dem Versicherten ein Anspruch auf die begehrte Hyperthermie unter dem Gesichtspunkt einer verfassungskonformen Auslegung zustand (sog. „Nikolaus-Rechtsprechung“). Tragender Gesichtspunkt des Beschlusses war die Tatsache, dass keine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung (mehr) zur Verfügung stand und dass angesichts der allgemeinen hyperthermischen Studienlage und des individuellen Krankheitsverlaufes Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf das Krankheitsgeschehen bestand. Von grundlegender Bedeutung dürfte hierbei die Aufbereitung der einschlägigen Studienlage zum therapeutischen Effekt in der Behandlung von Liposarkomen gewesen sein.
Die Entscheidung erging im – lediglich summarischen – Eilverfahren und ist noch nicht rechtskräftig.
Landessozialgericht Bayern gibt Patientin Recht, die nur auf Hyperthermie und Heilkunde setzt
Techniker Krankenkasse muss alternative Wärmetherapie gegen Krebs zahlen – auch ohne parallele Chemotherapie
Troisdorf, 29.7 August 2011 Nachdem bereits im Mai 2011 das Sozialgericht Trier die Knappschaft verurteilt hatte, für oncothermische Behandlungen zu zahlen, hat jetzt das Landessozialgericht Bayern(LSG) einen Meilenstein auf höherer Instanz gesetzt: Es verpflichtete die Techniker Krankenkasse, für tiefen-hyperthermische Behandlungen zu zahlen, obwohl die Patientin Chemotherapie zu Gunsten Hyperthermie und Heilkunde ablehnt.
Bisher übernehmen gesetzliche Krankenkassen eine hyperthermische Komplementärmedizin durch Hyperthermie nur, wenn diese eine Chemotherapie begleitet. So im Fall der Patientin mit (Darm-) Krebs, bei der die ambulante hyperthermische Behandlung zusätzlich zur Chemotherapie erfolgte. Laborwerte und Metastasen gingen zurück. Das Allgemeinbefinden besserte sich. Das Sozialgericht Trier entschied für die Patientin (vertreten durch die Berliner Kanzlei Dr. Breitkreutz). Die Knappschaft muss für die regionale Tiefenhyperthermie (Oncothermie) aufkommen.
Im aktuellen Urteil geht das LSG Bayern auf höherer Instanz einen Schritt weiter. Es entschied am 10. August 2011, dass die Techniker Krankenkasse (TK) zur vorläufigen Gewährung von ambulanten Hyperthermiebehandlungen im Rahmen regionaler Tiefenhyperthermie verpflichtet ist – auch OHNE parallel durchgeführte Chemotherapie. Diese hatte die Patientin nach der operativen Entfernung des Darmkarzinom abgelehnt. Sie verwies auf ihren geschwächten Gesundheitszustand und akzeptierte nur hyperthermisch Therapien und naturheilkundliche Verfahren. Im Laufe dieser Kombination aus Alternativ- und Wärmetherapie stoppte die Metastasierung, sogar eine leichte Regression wurde erreicht. Doch das Sozialgericht Würzburg lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zunächst ab. Das LSG Bayern hob ihn auf: Aufgrund der im Einzelfall zu erwartenden Nebenwirkungen der zytostatischen Therapie (Zellteilung hemmend) stehe keine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung. Zudem lasse die bisherige Therapie eine positive Einwirkung auf das Tumorgeschehen erwarten.
In der Regel übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten einer Krebsbehandlung, wenn diese in den Richtlinien des Bundesausschusses und dessen Leistungskatalog niedergelegt sind. Alternative und komplementär-medizinische Therapien wie die regionale Wärmetherapie (Oncothermie) sind vom Patienten selbst zu tragen. Manche Fachärzte und Krankenhäuser haben zwar Verträge mit Krankenkassen, so dass die gesetzliche Krankenversicherung die individuelle Komplementärmedizin trägt. Doch komplementärmedizinische Verfahren wie die Oncothermie finden sich nicht als Regelfall im Leistungskatalog. Die Oncothermie versteht sich als Therapie, die die Wirkung der Chemo- und Strahlentherapie auf Tumorzellen steigert und gleichzeitig Nebenwirkungen verringert. Ziel ist, durch hochfrequente Kurzwellen Überwärmung zu erzeugen und die Vernichtung von Tumorzellen anzuregen. Der Tumor soll sich selbst bekämpfen.
Mit Überwärmung gegen Krebs: Eine komplementärmedizinische Therapieform überzeugt ihre Skeptiker
Hyperthermie bezeichnet die Überhitzung des Körpers entgegen der natürlichen Wärmeregulation. Dieses Verfahren der künstlich erzeugten Temperatur wird vor allem in der Krebstherapie zu therapeutischen Zwecken genutzt. Die heilende Wirkung der Wärme ist keine neuartige Erkenntnis, sondern wurde bereits in der griechischen Antike erfolgreich angewendet.
Die Tiefenwärme der Hyperthermie ist nicht zu verwechseln mit oberflächlicher Erwärmung wie Infrarot-Behandlungen oder Überwärmungstherapien wie heißen Bädern oder Wärmewickeln. Die erhöhte Temperatur bei der Hyperthermie regt die Durchblutung an und fördert somit die Wirksamkeit von Radio- und Chemotherapie. Dabei geht es nicht nur darum, aktiv die schulmedizinischen Wirkungsweisen zu unterstützen und damit die Lebensdauer positiv zu beeinflussen, sondern auch die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und die häufig sehr unangenehmen Nebenwirkungen der gängigen schulmedizinischen Krebstherapien zu lindern.
Man unterscheidet in der Hyperthermie verschiedene Behandlungsmethoden: Bei der Ganzkörperhyperthermie wird vor allem mit künstlich erzeugtem Fieber gearbeitet, das die Immunabwehr steigern soll. Sie wird häufig kombiniert mit anderen Methoden wie der Sauerstoffinhalation. Mit der lokalen Oberflächenhyperthermie werden regional begrenzte Tumore behandelt, die dicht unter der Haut liegen. Die regionale Tiefenhyperthermie hingegen eignet sich für Krebsarten, die regional begrenzt sind, aber tief im Körperinneren liegen. Die Teilkörperhyperthermie ist eine Weiterentwicklung der regionalen Tiefenhyperthermie und ist geeignet für große, nicht begrenzte Tumore. Bei der interstitiellen Hyperthermie werden Antennen in den Tumor eingesetzt und können so einen kleinen Raum erwärmen.
Eine weiterentwickelte Form der Hyperthermie ist die Oncothermie. Im Gegensatz zur Hyperthermie handelt es sich dabei nicht nur um eine einfache Tiefenerwärmung sondern um eine Kopplung aus der bekannten Tiefenerwärmung und dem Einsatz eines modulierten elektrischen Feldes mit einer Trägerfrequenz von 13,56 MHz. Die Oncothermie ist besonders für solche Patienten geeignet, bei denen andere Verfahren, wie z. B. die Chirurgie, keine mehr Erfolge versprechen oder gar nicht erst möglich sind. Das modulierte elektrische Feld wird mit Hilfe von zwei aktiven Elektroden generiert. Unterhalb des Patienten befindet sich auf dem Therapiebett eine große Elektrode. Eine zweite wird auf der zu behandelnden Region platziert. Mikrobiologische Untersuchungen haben gezeigt, dass malignes Gewebe eine höhere Leitfähigkeit besitzt als gesundes Gewebe. Dies führt dazu, dass das elektrische Feld vermehrt durch das maligne Gewebe strömt. Diesen Effekt bezeichnet man als Selektion auf Zellebene. Der Therapieeffekt, die Verbindung aus Tiefenerwärmung und elektrischem Feld, führt zu einer Stimulation der malignen Zellen. Damit wird das natürliche Verhalten der malignen Zellen gestört und das Immunsystem des Körpers aktiviert bzw. unterstützt. Eine der Folgen ist der Zelltod durch Apoptose. Die Oncothermie kommt im Vergleich zu anderen Hyperthermieformen mit geringeren Temperaturen aus und vermeidet somit Nebenwirkungen wie Verbrennungen der Haut. Ganz im Gegenteil: Die Therapie wird von den Patienten als angenehm und entspannend empfunden.
Obwohl zahlreiche Studien die Wirksamkeit der Methoden belegen, ist die Hyperthermie noch keine Regelleistung der deutschen gesetzlichen Krankenkassen. Bei Anträgen wird individuell entschieden, ob in Einzelfällen Kosten übernommen werden können. Allerdings sieht es so aus, als würde sich dies bald ändern: In einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2007 wurde die Wirksamkeit der Hyperthermie offiziell anerkannt. Seitdem haben Anträge auf Kostenerstattung sehr gute Chancen. Auch die Oncothermie-Studien an großen Universitätskliniken wie der LMU München belegen, dass diese komplementäre Methode, die einst von der Schulmedizin belächelt wurde, nun auch in wissenschaftlichen Kreisen Akzeptanz findet.