Leukämien sind Krebserkrankungen der Blutzellen, bei denen es zu einer ungebremsten Vermehrung der weißen Blutkörperchen, der Leukocyten, kommt (Leukämie = weißes Blut). Sie werden je nach Verlaufsform in akute und chronische Leukämien unterteilt.
Es gibt zwei Arten der akuten Leukämie: die akute lymphatische Leukämie (ALL) und die akute myeloische Leukämie (AML).
Bei der ALL entarten jene Zellen, die normalerweise zu Lymphozyten, einer Unterart der weißen Blutkörperchen, heranwachsen.
Bei der AML verändern sich die Myeloblasten krebsartig. Myeloblasten sind die Vorläuferzellen der weißen Zeltreihe des Knochenmarks.
Diese entarteten, leukämischen Zellen vermehren sich im Knochenmark, wo sie gesunde, heranwachsende Blutzellen verdrängen und deren Platz einnehmen.
Die Folge dieser Verdrängung ist eine sich entwickelnde Blutarmut an roten Zellen (sog. „Anämie“), Blutplättchen (mit gefährlichen Blutungskomplikationen) und funktionsfähigen weißen Blutkörperchen, welche für die Abwehr infektiöser Erkrankungen und die Bekämpfung von Entzündungen wichtig sind.
Vom Knochenmark aus werden die Leukämiezellen in die Blutbahn freigesetzt und können auch zu anderen Organen transportiert werden.
Das Knochenmark ist eine von der Konsistenz her „Markklößchen“ ähnliche Substanz und befindet sich im knöchernen Gewebe, beim Erwachsenen hauptsächlich im Becken, der Wirbelsäule, dem Brustbein, den Rippen und dem Schädel.
Die wichtigste Aufgabe des Knochenmarks liegt in der Bildung der Blutzellen.
Nicht zu verwechseln mit dem Knochenmark ist das Rückenmark, welches reines Nervengewebe darstellt, von der Wirbelsäule geschützt wird und mit der Blutbildung nichts zu tun hat.
Die ALL ist die häufigste Krebsform im Kindesalter. Rund 80 Prozent der akuten Leukämien bei Kindern sind ALL. Am meisten erkranken Kinder um das vierte Lebensjahr an einer ALL.
Eine AML tritt dagegen vor allem im Erwachsenenalter auf. Hier sind AML unter den akuten Leukämien mit 80 Prozent am häufigsten anzutreffen. Die Häufigkeit einer AML steigt mit dem Lebensalter. Die medizinische Statistik zählt bis zu 15 Neubildungen pro 100.000 Einwohner im Jahr.
Meistens bleiben die Ursachen der Erkrankung unbekannt.
Zu den bekannten Risikofaktoren für die Entstehung einer akuten Leukämie gehören Knochenmarkschädigungen durch ionisierende Strahlen (z.B. durch radioaktive Strahlung), Umweltgifte wie z.B. Benzol, vorausgegangene Chemotherapien und genetische
Faktoren.
Der AML gehen unter Umständen bestimmte Bluterkrankungen voraus (z.B. ein Myelodysplastisches Syndrom).
Allgemeinsymptome sind unter anderem:
Zudem gesellen sich Symptome einer Blutarmut, sogenannte Anämiesymptome, durch die verminderte Bildung roter Blutkörperchen hinzu wie:
Oft kommt es auch zu einer verstärkten Blutungsneigung durch die verminderte Bildung von Blutplättchen wie z.B. Zahnfleisch- oder Nasenbluten und Blutergüsse.
Häufig treten auch vermehrt Infekte oder schlecht abheilende Entzündungen (z.B. in der Mundhöhle) auf. Diese kommen zustande, weil der Körper zu wenig funktionsfähige weiße Blutkörperchen besitzt.
Zu den genannten Symptomen können weitere Symptome hinzukommen:
Wie stellt der Arzt eine akute Leukämie fest?
Bei Verdacht auf eine akute Leukämie werden folgende Untersuchungen durchgeführt:
Dies ist die wichtigste Untersuchung und erfolgt meist am hinteren Beckenkamm, bei Erwachsenen in der Regel nach einer örtlichen Betäubung und bei Kindern unter einer Diese ist die wichtigste Untersuchung und erfolgt meist kurzen Narkose.
Chemotherapie
Die Hauptbehandlungsform der akuten Leukämie ist die Chemotherapie. Prinzipiell kann jeder Patient, unabhängig vom Alter, chemotherapeutisch behandelt werden. Der Behandlungsbeginn sollte möglichst früh, d.h.. wenige Tage nach Diagnosestellung erfolgen.
Die Therapie besteht aus mehreren Blöcken bzw. Zyklen. Die Gesamttherapiedauer kann sich dabei auf über ein Jahr erstrecken ( vor allem bei der ALL ) und wird zum größten Teil unter stationären Bedingungen durchgeführt. Nach den einzelnen Zyklen können die Patienten in aller Regel vorübergehend (entweder für einige Tage, manchmal auch für wenige Wochen) nach Hause entlassen werden.
Je nach Leukämietyp werden mehrere, aus verschiedenen Zytostatika – also verschiedenen Medikamenten – bestehende Chemotherapien im Abstand mehrerer Wochen durchgeführt. Die Medikamente werden meistens in Form von Infusionen verabreicht, teilweise auch als Tabletten.
Zu den wichtigsten Nebenwirkungen der Chemotherapie zählen die Blutbildveränderungen, welche mit einem Abfall der weißen und roten Blutkörperchen sowie der Blutplättchen einhergehen. Häufige Folgeerscheinungen sind Infekte mit Fieber und der Notwendigkeit einer intensiven antibiotischen Behandlung sowie die Transfusion von roten Blutkörperchen und Blutplättchen.
Das gefürchtete Erbrechen, was viele Menschen mit einer Chemotherapie automatisch in Verbindung bringen und früher auch ein großes Problem war, stellt heute auf Grund der schon vorbeugenden Gabe sehr wirksamer Medikamente keine ernsthafte Komplikation mehr dar.
Nicht zu vermeiden ist allerdings der Haarausfall. In über 99 % der Fälle wachsen die Haare aber nach Beendigung der Chemotherapie wieder nach.
Unterstützend zur Chemotherapie kann auch eine Bestrahlung notwendig werden, die entweder parallel zur Chemotherapie oder zwischen den einzelnen Zyklen durchgeführt wird
Der Erfolg der einzelnen Therapiezyklen muss durch regelmäßige Punktionen des Knochenmarks kontrolliert werden.
Sind die Leukämiezellen am Ende der Behandlung nicht mehr nachweisbar, beginnt das Nachsorgeprogramm (siehe unten).
Unter bestimmten Bedingungen ist die Durchführung einer Knochenmark- oder Blutstammzelltransplantation angezeigt ( siehe unten ). Der Zeitpunkt der Transplantation kann bereits in die Erstbehandlung der Leukämie integriert sein, d.h.. wenige Monate nach der Diagnosestellung erfolgen. Dies ist dann der Fall, wenn es sich um eine entsprechende Risikokonstellation handelt, und natürlich nur möglich, wenn ein passender Spender gefunden wird.
Da die Knochenmark- bzw. Blutstammzelltransplantation eine für den Patienten sehr intensive Therapieform mit entsprechenden Risiken darstellt, wird bei einer günstigen Risikokonstellation erst
nach dem Wiederauftreten der Leukämie eine Transplantation angestrebt.
Ob eine Transplantation grundsätzlich durchgeführt werden kann, hängt u. a. von etwaigen Begleiterkrankungen, dem Allgemeinzustand und dem Alter des Patienten ab.
Neuere Therapieansätze verfolgen auch die Gabe von direkt gegen die Leukämiezellen gerichteten Antikörpern. Diese kommt jedoch nur bei Versagen der Chemotherapie in Betracht.
Unbehandelt führen beide Formen der akuten Leukämie meist innerhalb weniger Wochen bis Monate zum Tod. Grundsätzlich sind akute Leukämien aber heilbar.
Die Erfolgsaussichten sind jedoch stark abhängig von bestimmten Faktoren wie:
Bei einer ALL haben Kinder zwischen dem dritten und siebten Lebensjahr die beste Prognose, die Krankheit zu überstehen. Der Anteil der Geheilten beträgt bis 90 Prozent. Weniger gut sind die Heilungschancen für Menschen über 20 Jahre.
Bei einer AML sprechen zwischen 50 und 85 Prozent der Patienten gut auf eine Behandlung an. Die Heilungschance erhöht sich vor allem dann, wenn bei bestimmten Risikokonstellationen oder bei einem Rückfall ein passender Spender für eine Knochenmark- oder Blutstammzelltransplantation gefunden ist.
Nach Abschluss der Behandlung ist eine Rehabilitationsmaßnahme im Sinne einer Anschlussheilbehandlung angezeigt. Diese wird in einer dafür anerkannten Fachklinik durchgeführt.
Im Anschluss daran kann in aller Regel der normale Alltag wieder bestritten werden (z.B. Beruf, Schule).
Von großer Wichtigkeit ist eine regelmäßige ärztliche Nachsorge, um einen Rückfall rechtzeitig zu erkennen und eine entsprechende Behandlung einzuleiten.